Liturgical Bodies in Motion – Klangliche Gestik und visuelle Musik im liturgischen Drama des 13. Jahrhunderts

Ausschnitt einer Visitatio Sepulchri, Salzburger Universitätsbibliothek M II 6, f. 67r.
Handlungsanweisungen, Rubriken mit Hinweisen auf die dramatis personae und notierte Gesänge.
Im 13. Jahrhundert erreicht das liturgische Drama in Form von lateinischen Oster- und Weihnachtsspielen einen ersten Höhepunkt. In dieser Dramatisierung des christlichen Heilsgeschehens innerhalb eines liturgischen Rahmens, die gleichzeitig eine frühe Form des mittelalterlichen Theaters darstellt, wird der Körper zum Kulminationspunkt und gleichzeitig zum Bindeglied einer Neu-/Ästhetisierung präexistenter liturgischer Ausdruckformen (Text/Musik/Gesten) sowie einer unmittelbaren Visualisierung biblischer Erzählungen. Dieses Spannungsfeld, in dem bereits vorhandene künstlerische Elemente durch eine unmittelbare Verkörperung mit neuen Bedeutungen gefüllt werden, sollen für einen ästhetischen Diskurs fruchtbar gemacht werden.

Den Ausgangspunkt der Projektarbeit bilden ausgewählte liturgische Quellen, in denen in dramatisch angelegten Texten in Form von sogenannten Rubriken kurze ‚Regieanweisungen‘ hinzugefügt wurden. Diese sahen im weitesten Sinne eine ‚Inszenierung‘ des Heilsgeschehens (z.B. Visitatio Sepulchri) mit Hilfe einfacher Gesten vor. Ziel des Projektes ist, die dialektische Spannung zwischen den übernommenen Gesten und Gebetshaltungen aus der bereits bestehenden Liturgie und den neuen theatralen Elementen (z.B. Klatschen) bei gleichzeitigem Erklingenden/Singen präexistenter liturgischer Gesänge für eine systematische Betrachtung von Bildern in Bezug auf musikalische Formen theoretisch zu verhandeln.